Europäischer Rohstoffmarkt – jetzt ist der Zeitpunkt, aktiv zu werden!
Kommentar
Der Umbruch, in dem sich der europäische Rohstoffmarkt aktuell befindet, ist eine riesige Chance für gesellschaftliches und wirtschaftliches Wachstum. Wir können unser industrielles Denken im Umgang mit Ressourcen neu erfinden. Die technologischen und gesetzlichen Voraussetzungen sind da – jetzt müssen wir es nur gemeinsam umsetzen.
Die wirtschaftlichen Trends auf dem europäischen Rohstoffmarkt verändern sich aktuell grundlegend. Neue gesetzliche Vorgaben wie z. B. die in Großbritannien bereits eingeführte Kunststoffsteuer, wachsender gesellschaftlicher Druck und die allgegenwärtige Rohstoffknappheit durch die Folgen der COVID-19-Pandemie und des russischen Angriffskrieges machen die Alternativlosigkeit einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft offensichtlich. Die wichtigsten Akteure der Kreislaufwirtschaft haben ein gemeinsames Bewusstsein dafür entwickelt, dass Rohstoffe endlich sind. Hersteller werden nun immer stärker in die Verantwortung gezogen, diese Rohstoffe möglichst lange im Kreislauf zu halten.
Auch in Österreich ist dieses Bewusstsein mittlerweile angekommen und wir sehen bereits Schritte in die richtige Richtung. Einer davon ist die Einführung eines Einweg-Pfandsystems ab 2025. Moderne Pfandsysteme für Einweg und Mehrweg werden mittelfristig in ganz Europa zur Normalität werden, um den Lebenszyklus der Verpackungen über den einmaligen Gebrauch durch die Verbraucher hinaus zu verlängern. Wir sehen aber auch, dass wir in Österreich – wie auch in vielen anderen europäischen Ländern – noch viel Arbeit vor uns haben. Die abfallwirtschaftliche Struktur, insbesondere die Sortierung und Verwertung von Verpackungsabfällen, ist an vielen Stellen noch ausbaufähig. Und darum ist genau jetzt der Zeitpunkt gekommen, um aktiv zu werden. Wir müssen den Umbruch unseres Marktes nutzen, die guten Voraussetzungen und regulatorischen Impulse umsetzen und gemeinsam den Weg aus der Rohstoffkrise in wirtschaftliches und gesellschaftliches Wachstum gehen.
Die Nachfrage verändert sich, der Markt muss nachziehen
Die Tatsache, dass die regulatorischen Anforderungen Wirkung zeigen und sich die dringend notwendige Bewusstseinsänderung einstellt, lässt sich nicht zuletzt auch in der Veränderung der Nachfrage auf dem Rohstoffmarkt erkennen. Während noch vor zwei Jahren Rezyklate primär zur Kostenreduktion in verschiedenen Anwendungen eingesetzt wurden und vergleichbar wenig Interesse an hochwertigem recyceltem Material aus der Post-Consumer-Sammlung bestand, steigt der Bedarf derzeit zusehends. Der Markt für solche Kunststoffe mit hohem Anteil an qualitativ hochwertigem Rezyklat ist im Verhältnis zum Neuwarenmarkt noch klein, erfährt aber eine stark steigende Nachfrage und ein hohes Wachstum. Die Preise für dieses Material bewegen sich derzeit dementsprechend auf einem hohen Niveau und werden voraussichtlich auch länger hoch bleiben, da auch in näherer Zukunft eine Überversorgung nicht zu erwarten ist. Der aus dieser Situation resultierende Wettbewerb steht unter dem Druck, der Nachfrage durch innovative und kundenorientierte Lösungen gerecht zu werden.
Kooperationen als Schlüssel zum Erfolg
Partnerschaften und Kooperationen entlang der gesamten Wertschöpfungskette sind dabei ein wichtiger Faktor, um Synergien zu schaffen und individuelle Stärken zu vereinen. Mit Recelerate verbinden wir die Reclay-Expertise im Bereich der Sammlung und Sortierung von Verpackungsabfällen mit dem Material-Know-how von Borealis. Dadurch schaffen wir einen neuartigen, innovativen Zugang für einen in sich geschlossenen Kreislauf: Hersteller in Deutschland, Österreich und auf weiteren europäischen Märkten übertragen die Verantwortung für die Rücknahme ihrer Verpackungsmengen an Reclay. Anschließend werden sie über Recelerate sortiert und recycelt. Und Borealis stellt sicher, dass die Mengen als hochwertige Rohstoffe mit hochwertigen Rezyklat-Anteilen wieder auf den Markt gelangen – wo sie den Herstellern für neue Produktionen zur Verfügung stehen.
Modelle wie dieses werden die Zukunft einer internationalen Kreislaufwirtschaft sein. Wir müssen gemeinsam an einem Ziel arbeiten: Natürliche Ressourcen schonen und die Möglichkeiten der Recyclingtechnologie nutzen, um gesellschaftliches und wirtschaftliches Wachstum zu fördern.
Als Gastkommentar erschienen in der Österreichischen Kunststoffzeitschrift, Ausgabe 2022-05/06 vom 24.06.2022